Petition zur Einrichtung einer bayerischen Aufarbeitungskommission
Aufarbeitung von jedweder Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Institutionen in Bayern soll wirksam sein. Zur klaren Regelung von Kompetenzen, Zuständigkeiten und Aufgaben wird daher ein eigenes Bayerisches Aufarbeitungsgesetz gefordert. Eine Aufarbeitungskommission soll an den Landtag berichten und mit Vorgabe zu Standards der Aufarbeitung und Einwirken auf die Institutionen dafür sorgen, dass Aufarbeitung für die Betroffenen gelingt, die Institutionen diese durchführen und positiv abschließen können.
Eine Bayerische Kommission kann auf bayerische Institutionen einwirken
Eine bayerische Aufarbeitungskommission kann auf die Institutitonen in Bayern wirksam Einfluss nehmen: Viele Institutionen haben bayerische Dachverbände (z.B. Sport, Feuerwehr, Rotes Kreuz) oder berichten an Landesministerien (z.B. Schulen, Heime). Die Finanzierungen sind häufig ebenso landesorientiert. Die Verantwortlichen begegnen sich auf Landesebene.
Es geht um alle Institutionen, nicht nur die Kirchen
Aufarbeitung hat bisher im Wesentlichen bei der kath. Kirche begonnen. Bisher gibt es noch wenige Standards, wie der Missbrauch in Heimen, Vereinen, Schulen und sonstigen Einrichtungen aufgearbeitet werden kann. Aufarbeitung braucht Konzepte und Projektführung, damit sie erfolgreich ist.
Mit der Petition wollen Betroffene der Aufarbeitung einen Schub geben.
Die Petition trägt die Professionalität einiger in der Aufarbeitung erfahrender Personen in sich. Sie wurde in eingehender Diskussion mit über 20 Betroffenen feingeschliffen. Wir hoffen das notwendige Ziel zu erreichen und sie dem Landtag vorstellen zu können.
Mit einem Bayerischen Aufarbeitungsgesetz soll Aufarbeitung und Aufklärung in Bayern für Betroffene endlich vorangetrieben werden und von der Träger*innen-Ebene auf die Ebene des Staates gehoben werden. Bayern steht, ebenso wie der Bund und andere Länder - sowohl aus der Geschichte nicht zuletzt des NS Unrechts als auch aus der grundrechtlichen wie verfassungs- und völkerrechtlichen Schutzpflicht des (Frei-)Staates gegenüber allen Menschen, die in Bayern leben - in der Verantwortung, alle Formen von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche durch Mitarbeitende und Angehörige zivilgesellschaftlichen wie staatlichen Institutionen zu verhindern und erlittene Gewalt aufzuarbeiten, als Unrecht anzuerkennen und zu entschädigen. Daher ist es dringend geboten, dass auch der Freistaat konkrete Maßnahmen ergreift, um die Aufarbeitung der erlittenen Gewalt in allen Bereichen der Gesellschaft sicherzustellen.
Die Maßnahmen, die der Bund im ‚Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen‘ festschreibt, werden begrenzt durch die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Dem föderalen Prinzip folgend werden dabei den Ländern Regelungsmöglichkeiten in ihrem Zuständigkeitsbereich überlassen. (z.B. Funktionen der Unabhängigen Aufarbeitungskommission, Aufbewahrungspflichten, Archivrecht etc.). Bayern darf und muss (!) über die Gesetzgebung des Bundes hinaus tätig werden und sich insbesondere folgenden Aufgaben widmen:
Schaffen einer Struktur für eine von den Träger*innen unabhängige Aufarbeitung (Stiftung / Fonds, landesweite Forschungsstelle, Unabhängige Aufarbeitungskommission, Betroffenenrat, Erinnerungskultur; Archivgesetz / zentrales Archiv, vgl. u.a RhPf). Nur so wird es möglich, aus der Logik der bisherigen Aufarbeitungsprozesse durch die Täter*innen Organisationen auszusteigen. Für eine von den Träger*innen unabhängige Aufarbeitungsstruktur spricht auch, dass sich in der jeweiligen Geschichte der Unterbringung in der Regel multiple Zuständigkeiten und damit Verantwortliche finden, die sich auf dem Subsidiaritätsprinzip der Kinder- und Jugendhilfe ergeben. Zudem kann so die Verschränkung von Schule und Kinder- und Jugendhilfe in sgn. Sonderschulformen besser in die Aufarbeitung einbezogen werden.
Betroffene benötigen direkte Ansprechpartner*innen und Strukturen vor Ort. Um dies zu gewährleisten sind dezentrale, niederschwellig erreichbare lokale / regionale Anlaufstellen notwendig. Eine Zusammenführung der Fortschritte in Aufarbeitung und Prävention in Institutionen ist im Entwurf des UBSKM Gesetzes vorgesehen, jedoch nicht ausschließlich auf Bundesebene leistbar und auch kompetenzrechtlich nicht dem Bund allein zugeordnet. Hierzu braucht es föderale Dezentralität und örtliche Nähe.
Die bislang laufenden und abgeschlossenen Aufarbeitungsprozesse zeichnen sich durch eine hohe Heterogenität in Umfang und Methodologie aus. Die Verfahren sind auf Grund der unterschiedlichen Träger*innen – und Aufarbeitungslogiken in der Regel nicht anschlussfähig bzw. wechselseitig in Bezug zu setzen. Das erschwert ein gesamtgesellschaftliches Verständnis von Umfang und Art der erlittenen Gewalt im Einzelfall, aber auch von den Strukturen und institutionellen Bedingungen als Ganzes, welche die konkrete Gewalt in Einzelfall wie im
Grundsatz nicht verhindert bzw. ermöglicht haben. Nur eine übergeordnete, von den Träger*innen unabhängige Aufarbeitungsstruktur auf Landesebene kann hier die Transparenz und Validität der Verfahren sowie die Ergebnisse der Aufarbeitung verbessern und so eine gesamtgesellschaftliche Verantwortungsübernahme für die Vergangenheit und die Zukunft ermöglichen.
Viele der Institutionen, in denen es zu Missbrauch kam oder immer noch kommt (Schulen, Heime der Kinder- und Jugendhilfe, Kindertagespflege, Sportvereine, etc.), sind meist auf der Landesebene organisiert. Daher sind Behörden des Freistaats auf allen Ebenen (Land, Regierungsbezirke, Landkreise, Kommunen) für diese Institutionen oder deren Leistungen (Sozialleistungen oder Bildung) rechtlich verantwortlich. Durch landesrechtliche Regelungen wird sichergestellt, dass die Aufarbeitung in allen Trägerschaftsstrukturen und verfassten gesellschaftlichen Bereichen stattfindet